Siedlungsbauten vor den Toren Berlins

Ein frühes lebensreformerisches Siedlungsprojekt war die 1913-1916 nach einem Entwurf von Bruno Taut von der "Gemeinnützigen Baugenossenschaft Gartenvorstadt Groß-Berlin eGmbH" geschaffene Gartenstadt Falkenberg in Alt-Glienicke. Die deutsche Gartenstadtgesellschaft wollte hier, nach dem Vorbild des englischen Gartenstadtkonzeptes von Ebenezer Howard und Raymond Unwin, neue Lebens- Wirtschafts- und Wohnformen verwirklicht sehen. Es ging also um weit mehr als um das aufgelockerte, durchgrünte Siedlungsbild. Bodenspekulation und Mietwucher sollten ausgeschlossen sein und die Bewohner aus allen Klassen der Gesellschaft stammen.

In der von Bruno Taut und dem Gartenarchitekten Ludwig Lesser geschaffenen Gartenstadt Falkenberg stand das bescheidene Einfamilienhaus in Reihe oder als Doppelwohnhaus mit einem Garten zur Selbstversorgung im Vordergrund. Während Taut in der Hufeisensiedlung nach dem Ersten Weltkrieg mit einer gemischten Großstruktur aus Einfamilien- und Etagenwohnhäusern noch Gartenstadtelemente aufgreift und neu definiert, werden in den anderen Siedlungen der Weimarer Zeit - den Siedlungen Schillerpark, Carl Legien, Weiße Stadt und Siemensstadt - soziale Wohnformen des modernen großstädtischen Massenwohnungsbaues erprobt.

Erklärtes wohnungspolitisches Ziel war zur Zeit der Frühphase der Hauszinssteuerära die Errichtung kleiner Einfamilienhaus-Siedlungen in den Außenbezirken. Damit sollte der Proletarisierung im Massenwohnungsbau entgegengewirkt, die verlorengegangene Bindung des Menschen an Haus und Natur wiederhergestellt und den Siedlern die Möglichkeit zur teilweisen Selbstversorgung gegeben werden.

Bei der Verteilung der Hauszinssteuermittel wurde daher anfangs der Flachbau, eine 1-2geschossige Bauweise, bevorzugt und es sollten größtenteils Kleinwohnungen errichtet werden. So sollten außerhalb der Innenstadt, eingebettet in die märkische Landschaft, größere, stärker gründurchzogene Siedlungskomplexe in Flachbauweise entstehen. Hierzu gehört das erste Großprojekt der neuen Berliner Siedlungspolitik, die bald Hufeisensiedlung genannte Großsiedlung Britz. Sie wurde auf Initiative von Martin Wagner in den Jahren 1925 bis 1930 in sechs Bauabschnitten auf dem ehemaligen Britzer Gutsgelände nach Entwürfen von Wagner und Bruno Taut errichtet. Bauherrin war die GEHAG.

Aus Kostengründen und angesichts der sich anbahnenden politischen Umbrüche konnte Tauts visionäre, nach dem Satellitenstadtschema Howards als eine selbständige Gartenstadt mit 2000 Wohnungen geplante Erweiterung im Anschluss an den sechsten Abschnitt nicht mehr realisiert werden. Die gekrümmte, leicht „tortenstückartige“ Anlage lässt jedoch noch den ursprünglichen Plan der ringförmigen Erweiterung rund um die Anlage von Schloss und Gutshof Britz erkennen.