Gründung von WohnungsbauGesellschaften

Unter dem außerordentlichen Druck der Wohnungsnot und den elenden Verhältnissen in den hoffnungslos überbelegten "Mietskasernen" kam es schon ab den 1880er Jahren zu einer wahren Gründungswelle von Baugenossenschaften und gemeinnützigen Baugesellschaften – Berlin wurde zum Zentrum gemeinwirtschaftlicher Wohnungsfürsorge. Die Bismarcksche Sozialgesetzgebung zwischen 1878 und 1889, die die Arbeits- und Lebensverhältnisse der Arbeiter erstmalig absicherte, begünstigte das Aufkommen des sozialreformerischen Wohnungsbaues.

Zudem konnten  nach der 1889 erfolgten Novellierung des Genossenschaftsrechtes und der Einführung der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) philantropisch gesonnene, wohlhabende Bürger Gesellschafter eines gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmens werden, ohne mit ihrem gesamten Vermögen zu haften. Gleichzeitig wurde es möglich, aus den Rücklagen der neu eingerichteten Sozialversicherungskasse günstige Kredite für die Schaffung von Wohnraum für wenig Bemittelte zu erhalten. Außerdem begann der Staat die Initiative der Genossenschaften finanziell zu unterstützen, so dass den 38 Baugenossenschaften von 1890 in Deutschland im Jahre 1914 bereits 1583 gegenüberstanden.

In Berlin bot sich nun die Chance, Siedlungsbau nach reformerischen Leitbildern des "Neuen Bauens" zu verwirklichen – ein  Wohnungsbau für breite Schichten der Bevölkerung. In nur sieben Jahren, von 1924 bis 1931, wurden über 140.000 Wohnungen errichtet - ein auch während der Berliner Nachkriegszeit der 1950er Jahre nicht wieder erreichtes Bauvolumen. Träger des neuen sozialen Massenwohnungsbaues wurden gewerkschaftlich-genossenschaftliche, städtische oder andere gemeinnützige Baugesellschaften.

Die auf Initiative von Martin Wagner von Gewerkschaften und Baugenossenschaften im Jahre 1924 gegründete "Gemeinnützige Heimstätten-, Bau- und Spar AG", die GEHAG, entwickelte sich zur führenden Bauträgergesellschaft in Berlin und dem übrigen Deutschland. Durch ihr großes Geschäftsvolumen und vor allem durch die gestalterische Leistung ihres Hausarchitekten Bruno Taut, gewann die GEHAG einen starken Einfluss auf den Städtebau und die Architektur des Berliner Siedlungsbaus.