Entwurf von Leberecht Migge, 1926

Öffentliche Grünanlagen

Das im Süden von Neukölln gelegene Britz gilt schon lange als "blühender" Ort. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es im Bereich der heutigen Mohriner Allee zahlreiche Rosengärtnereien, die fast den gesamten Berliner Bedarf an Rosen deckten.

Beim Bau der Hufeisensiedlung inmitten des Ackergeländes des Schlosses Britz legten GEHAG und Einfa viel Wert auf eine ausreichende Anzahl von Grünflächen und deren anspruchsvolle Gestaltung. "Die Einfa unternahm darüber hinaus den Versuch, den Menschen der Großstadt aus der Asphaltwüste herauszureißen und seine Wohnung in eine Umgebung zu setzen, die ihn wieder in eine engere Beziehung zur Natur bringen sollte. Auch der Mensch der Großstadt hat schließlich ein Anrecht darauf, in seiner unmittelbaren Umgebung Blumen und Grünschmuck zu sehen. Darum umschließen überall, wo die Einfa gebaut hat, Freiflächen die Wohnanlage." (Einfa, 1933)

Leberecht Migge (1881-1935) war zu jener Zeit ein bekannter Gartenarchitekt, der sich als einer der wenigen mit der Gestaltung von Siedlergärten befasst hatte. Mit Bruno Taut und Martin Wagner verband ihn, in großen Zusammenhängen zu denken und für die Rationalisierung der Arbeiten einzutreten. Aus diesem Grund wurde er von der Gehag offenbar auch für Planungen in der Hufeisensiedlung herangezogen. Von Migge stammen aus dem Jahr 1926 zwei Entwürfe zu öffentlichen Freiflächen im I. und II. Bauabschnitt: Zum einen plante er die Anlagen um den Teich innerhalb des Hufeisengebäudes, zum anderen die "Paradies" genannte Grünfläche um den Hegepfuhl an der Miningstraße.

Ein Vertragsbestandteil des Geländeverkaufs der Stadt Berlin an die Gehag im Jahr 1925 war jedoch die Abmachung, dass die Einfa das gesamte Straßenland und die öffentlichen Freiflächen an die Stadt abtreten musste. Die Gehag übergab dem Gartenamt Neukölln zwar im Oktober 1926 die von ihr beauftragten Entwürfe von Leberecht Migge mit der Bitte diese zu berücksichtigen, doch kamen sie nicht zur Ausführung. Stattdessen stellte der damalige Gartenamtsleiter von Neukölln, Ottokar Wagler, neue Pläne auf, die anschließend teilweise von Gärtnern der Baumschule Ludwig Späth ausgeführt wurden.

Leberecht Migge war darüber wohl sehr erbost, in einem Zeitungsartikel schreibt er 1927: "Diese bekannten Anlagen der Großsiedlung Britz sind vom Verfasser im Auftrag der ’Gehag’ entworfen, werden jetzt aber vom Bezirksamt Neukölln leider nach verballhornten Originalen und ohne Kontrolle des geistigen Urhebers ausgeführt."

Ursprüngliche Planung und spätere Ausführung unterschieden sich in der Tat in wichtigen Punkten. Migge hatte in der Grünfläche im Hufeisen einen öffentlichen Versammlungs- und Erlebnisort gesehen, in welchem Plattenwege durch einen Rasen, der „zum Lagern“ gedacht war, zum Teichufer mit "Strand und Bänken" führten. Wagler entwarf dagegen eine Anlage, in welcher eine Berberitzenhecke und ein Tiergartengitter den Rasen dicht umschlossen und so das Betreten verhinderten. Entlang des Teiches war ein Staudenbeet angeordnet und in Ufernähe konnte man nur über einen halbrunden Platz am Ende der großen Treppenanlage gelangen.  

Auch der ornamental anmutende Entwurf Migges für das Paradies, einer Grünanlage an der Miningstraße, mit einem eierförmigen Teich und girlandenförmig geschwungenen Wegen kam nicht zur Ausführung. Der in dem Bereich zu Baubeginn noch vorhandene Pfuhl wurde 1927 ausgepumpt und von Ottokar Wagler ein Spielplatz angelegt.

Eine weitere wichtige Grünanlage ist der die Siedlung einzigartig charakterisierende Hüsung, der in abknickender Achse westlich des Hufeisengebäudes angeordnet ist. Der Platz nimmt die Form eines Dorfangers auf und lehnt sich somit eng an die ländliche Umgebung des Gutshofes Britz an. Zunächst als einfache Rasenfläche angelegt, wurde der Hüsung schon in den frühen 1930er Jahren mit einer zentralen Linde bepflanzt und die Rasenfläche durch Rosen ersetzt.

Hufeiseninnenfläche, Paradies und Hüsung sind die wichtigsten öffentlichen Grünanlagen der Hufeisensiedlung. Ergänzt werden sie durch den Hufeisenvorplatz und eine Allee mit Promenade, die früher vor den Häusern entlang der Fritz-Reuter-Allee führte. Dem Hufeisenvorplatz kommt eine zentrale Rolle zu, denn er bildet sozusagen das Entree zur Siedlung. Das große Hufeisengebäude liegt im Verhältnis zu den angrenzenden Geschoßwohnungsbauten etwas zurückversetzt und weitet dadurch den Raum zu einem Platz. Die die Fritz-Reuter-Allee begleitende Promenade mit der Ahornallee wurde hier zunächst vierreihig, öffnete sich aber dann im Bereich der großen Treppe um den Blick zu lenken und die Besucher ins Hufeisen hereinzuziehen.

Die öffentlichen Grünanlagen wurden in den ersten beiden Bauabschnitten durch Müllhäuser, Wäschentrockenplätze und ein Netz aus schmalen Wirtschaftswegen ergänzt, die die funktionalen Bedürfnisse der Bewohner vorbildlich berücksichtigte.