Die „Rote Front“

Der traditionalistischen zeitgleichen DeGeWo -Siedlung von Engelmann & Fangmeyer entlang der Fritz-Reuter-Allee setzte Taut mit einer provozierenden Geste der Abgrenzung zwei lang gestreckte Randzeilen mit dreißig gleichen dreigeschossigen Hauseinheiten entgegen, die mit ihren turmartig vorgezogenen Treppenhäusern geradezu buchstäblich an Wehrarchitektur erinnern. Blut-rot geputzt und mit farblich abgesetzten räumlich leicht vorgezogenen Treppenaufgängen, als "Rote Front" oder "Chinesische Mauer" betitelt, erinnern die zwei Blöcke daran, dass der Streit um Modernität oder Traditionalismus im Siedlungsbau in den 1920er Jahren nicht nur auf dem Papier ausgetragen wurde.

In einem klugen Zusammenspiel der geschlossenen Fassadenreihe und deren Öffnung in Höhe des zentralen Hufeisens, seiner Kopfbauten und seines Vorplatzes, thematisiert Taut gerade im Wechselspiel von Abgrenzung nach Außen und der Öffnung nach Innen die Einladung an Bewohner und Passanten, in das Herzstück des von ihm für die GEHAG entworfenen Siedlungsteils einzutreten: in das von Teich, Gärten und zum Innenraum hin sich öffnenden Loggien geprägten Innenraum des Hufeisens.

In ihrem leuchtendem Weiß unterbrechen die Kopfenden des Hufeisens die "Rote Front" an der Fritz-Reuter-Allee; hier liegt, von Gemeinschaftsbauten flankiert, der Haupteingang mit Freitreppe hinab zum Hufeisenteich.