Geschichte der Gründung

Es brauchte lange, bis die Idee geboren wurde. Die Hufeisensiedlung als architektonisch und städtebaulich herausragendes Ensemble war seit einigen Jahren Kandidat für die Welterbeliste. Seit über 20 Jahren schon ein Baudenkmal und seit 50 Jahren baurechtlich besonderes geschützt. Für alles gibt es einen Förderverein; für Museen, für Schiffswracks auf dem Meeresboden, für Orchester, Theater, Schulen, soziale Einrichtungen. Warum ist niemand viel früher auf die Idee gekommen, auch für die Hufeisensiedlung, die täglich von Touristen besucht wird und in Fachkreisen Weltruhm erlangt hat, einen Förderverein zu gründen? Vielleicht, weil es so nahe lag. Das Naheliegende ist meist das, was die Menschen zuletzt sehen.

Im September 2007 im Anschluss an eine Veranstaltung in der Fritz-Karsen-Schule, auf welcher der Denkmalschutz von Bewohnerinnen und Bewohnern der Siedlung sehr kontorvers diskutiert wurde, setzten sich einige Bewohnerinnen und Bewohner, die im Denkmalschutz etwas Sinnvolles erkannten, im sog. Gletscher, dem alteingesessenen Restaurant in Alt-Britz, zusammen, um sich Gedanken darüber zu machen, wie den Bewohnerinnen und Bewohnern der Hufeisensiedlung der Gedanke des Denkmalschutzes nahegebracht und damit etwas für den Erhalt der Siedlung getan werden kann. Die Diskussion auf der Veranstaltung hatte gezeigt, dass viele Bewohnerinnen und Bewohner gar nichts gegen den Denkmalschutz einzuwenden haben, sie aber letztlich nicht wissen, wie sie damit umzugehen haben. Welche Vorschriften sind zu beachten? Was muss ich tun, bevor ich ein Bauvorhaben ausführe? Wofür brauche ich eine denkmalbehördliche Genehmigung? Gibt es Fördermöglichkeiten? Welche Materialien darf ich verbauen? Müssen es immer Biberschwanzziegel sein? Welche Firmen kennen sich mit dem Denkmal aus? Gibt es Nachbarn, die auch noch nach originalen oder originalgetreu hergestellten Fensteroliven suchen und eine Sammelbestellung aufgeben wollen („im Dutzend gibt es sie billiger!“)?

Woran es krankte und woran viele verzweifelten, war die fehlende Information. In all den Jahren war es nicht gelungen, die Bewohnerinnen und Bewohner ausreichend über den Denkmalschutz zu informieren und dafür zu sensibilisieren. Die Erfahrung der Nichtwissenheit und daraus resultierender Sanierungsfehler haben selbst einige der späteren Gründungsmitglieder des Vereins gemacht. Darüber hinaus war die Verwaltungspraxis höchst uneinheitlich. Der eine bekam etwas genehmigt, was dem anderen verwehrt wurde. Dachflächenfenster im Satteldachbereich (Baubschnitte I und II) sind ein gutes Beispiel dafür.

Im Gletscher also ließ man den Gedanken freien Lauf und bald war die Idee einer leicht zugänglichen Sammlung aller denkmalrelevanten Details geboren, verbunden mit einem Foren- und Communitybereich zum nachbarschaftlichen Austausch über geeignete über Themen zu Denkmalfragen. Diese Idee sollte dem Landesdenkmalamt vorgestellt werden mit dem Antrag auf Teilförderung. Schon am ersten Abend hatte man darüber diskutiert, ob dies mit einer losen Bürgerinitiative zu stemmen sei. Welche Behörde fördert eine lose Gruppe, die sich gesellschaftsrechtlich nicht organisiert hat?

Das Konzept wurde im Rahmen eines weiteren Treffens von Katrin Lesser, Lutz Sindermann und Victor Drzeniek weitergesponnen. Ben Buschfeld, ein vor Ort lebender Experte für digitale Informationssysteme verfasste dann ein entsprechendes Konzept, welches wir dem Landesdenkmalamt vorstellten und dort auf offene Ohren stießen. Allerdings, so wurde erläutert, könne nur eine natürliche oder juristische Person gefördert werden: es musste also eine rechtliche Organisation her. Zum Beispiel ein Verein.

Schnell wurde eine Satzung von Christoff Jenschke entworfen und von einer Gruppe von etwa 15 Personen diskutiert, geändert und erweitert. Zwei Ziele sollte der Verein haben: Zum einen die Förderung des Denkmalschutzes, zum anderen die Förderung des sozialen Miteinanders in der Hufeisensiedlung. Letzteres lag der Initiative besonders am Herzen: das Wiederauflebenlassen alter nachbarschaftlicher Traditionen. Eine Gründungsversammlung gab es dann am 26. November 2007 im Restaurant „Zum Hufeisen“. 9 Gründungsmitglieder legten den Grundstein, für ein Projekt, das stetig wächst. Edzard Reuter erklärte sich gern bereit, Schirmherr dieses Vereins zu werden. Er ist Vorsitzender des Bauhaus Archiv Berlin e.V. und hat Bruno Taut als Kind im türkischen Exil noch kennengelernt.

Der Verein war bald im Vereinsregister angemeldet, und vom Finanzamt wurde die Gemeinnützigkeit festgestellt. Nun ging es daran finanzkräftige Unterstützer für das Projekt zu finden. In Zeiten der Finanzkrise musste man jedoch zur Kenntnis nehmen, dass Sponsoring den Unternehmen nicht mehr leicht fiel. Eine öffentliche Förderung belief sich höchstens auf 50 % der Projektkosten. Die andere Hälfte einzuwerben, war jedoch schwer. Das Landesdenkmalamt machte uns dann auf ein städtebauliches Förderprogramm des Bundes aufmerksam: ExWoSt. Hier wurden die Anträge formuliert und eingereicht. Jedoch verging auch hier die Zeit, ohne dass etwas geschah. Es hieß sodann, dass das Programm im Konjunkturpaket der Bundesregierung aufgehen würde und die Anträge neu gestellt werden müssten. Da im Investitionsprogramm Nationale Welterbestätten nur Länder und Gemeinden Anträge stellen konnten, wurde die Förderung für diese internetgestützte Informationsplattform vom Landesdenkmalamt beantragt.

Nach drei Jahren konnte damit ein Projekt einer kleinen Initiative, die immer mehr Mitstreiter und Unterstützer gewonnen hatte, mit Hilfe öffentlicher Fördermittel erfolgreich verwirklicht werden.